Die Ursprünge in China
Zart, lichtdurchlässig, extrem formbar und trotzdem von erstaunlicher Härte ist das Porzellan. Die Geschichte des "Weißen Goldes" reicht zurück ins 7. Jahrhundert.
In China wurde unter der Sui- und der Tang-Dynastie zum ersten Mal Porzellan hergestellt. Da die daraus hergestellten Gegenstände so beliebt und teuer waren, wurde die Zusammensetzung des Porzellans und die Methoden seiner Produktion lange Zeit von seinen wenigen Produzenten geheim gehalten.
Es dauerte mehr als 700 Jahre, bis auch außerhalb Chinas das Interesse an Porzellan geweckt war. Der Abenteurer Marco Polo (1254-1324) war es, der um 1300 auf seinen Fernreisen durch China Porzellan kennen lernte und es mit nach Europa brachte. In seinen Reiseberichten schreibt er von weißem edlen Material, das die Chinesen als Tafelgeschirr nutzten.
Im 14. Jahrhundert erhielt Porzellan unter der Ming-Dynastie im Reich der Mitte einen neuen Qualitätsschub. Die Glasuren, das Dekor und die Malerei verfeinerten sich. Motive mit Drachen, Fischen und Pflanzen zierten die Porzellanteile. Kobaltblau, das die Chinesen aus Mesopotamien (dem heutigen Irak) importierten, kam als Farbvariante hinzu. Bis heute sind Vasen und andere Porzellangegenstände aus dieser Zeit sehr begehrt und besitzen einen hohen Sammlerwert.
Im 16. Jahrhundert kam Porzellan auf Handelsrouten über Land und auf dem Seeweg nach Europa. Beim Adel galt das "Weiße Gold" als besonderes Luxusgut, das sich die Herrschaften einiges kosten ließen.
Die Wiederentdeckung in Meißen
Vollkommen vernarrt in das zarte edle Material soll der sächsische König August der Starke im 18. Jahrhundert gewesen sein. Ursprünglich hatte der umtriebige König den Alchimisten Johann Friedrich Böttger damit beauftragt, echtes Gold herstellen. Dieser behauptete nämlich von sich, diese Fähigkeit zu besitzen.
Als jedoch alle Versuche kläglich scheiterten, überredete ihn sein Vorgesetzter, der naturwissenschaftliche Gelehrte Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, an Experimenten zur Herstellung von Porzellan teilzunehmen.
Ende 1707 gelang es den beiden in Meißen tatsächlich, die chemische Rezeptur von Porzellan zu knacken und ein erstes Gefäß daraus herzustellen.
Tschirnhaus starb jedoch bereits im darauf folgenden Jahr. Böttger wurde daraufhin alleiniger Leiter der Forschung und der Porzellan-Manufaktur in Meißen, die 1710 ihre Arbeit aufnahm.
Der Boom der Manufakturen
Hauptbestandteil von Porzellan ist Kaolin, ein feines, eisenfreies und weißes Gestein. Im Volksmund wird Kaolin auch "weiße Erde" genannt. Den Namen Kaolin leitete man von dem chinesischen Ortsnamen Gaoling ab, wo bereits im 7. Jahrhundert das weiße Gestein gefunden und abgebaut wurde.
Nach der Entschlüsselung der Porzellanrezeptur war der Siegeszug des "Weißen Goldes" in Europa nicht mehr aufzuhalten. Überall wurde nach Vorkommen von Kaolin gesucht, um ebenfalls in die Produktion des begehrten Materials einsteigen zu können.
Viele europäische Adelshäsuer und Städte taten es dem sächsischen König August nach. Bald entstanden Porzellanmanufakturen in Wien (1718) und im Londoner Stadtteil Chelsea (1745). Zwei Jahre später hatte das Haus Fürstenberg an der Weser eine eigene Porzellanmanufaktur.
Im selben Jahr kam auch die Nymphenburger Produktionsstätte in München hinzu. Im Verlauf des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) kamen Porzellanmacher und das Geheimnis der Porzellanherstellung auch nach Preußen. 1763 wurde die "Königlich Preußische Porzellan-Manufaktur" (KPM) in Berlin gegründet.
Tafelgeschirr und Diplomatengeschenk
Zunächst nutzte man Porzellan auf den fürstlichen Tafeln als Service für Kakao und Kaffee. Hatte man bislang fast ausschließlich von Gold- und Silberservice gespeist, löste nun Porzellan vor allem Gold als Essgeschirr ab. Am preußischen Hofe benutzte man Porzellan aufgrund seiner Zartheit vor allem zum Dessert.
Es hatte viele Vorzüge, denn die Fruchtsäure von Süß- und Obstspeisen griff das Porzellan im Gegensatz zum Gold- und Silbergeschirr nicht an. Doch Porzellan änderte nicht nur die höfische Ess- und Tafelkultur.
Am Hofe von Friedrich dem Großen erkannte man bald, welche wirksamen Möglichkeiten Porzellan als hoch geschätztes, diplomatisches Geschenk entfalten konnte. Ganze Tafelservice, aber auch repräsentative Einzelwerke ließ der Preußenkönig zu unterschiedlichen Anlässen für fremde Höfe anfertigen.
Deutsche Hochburg im Fichtelgebirge
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts entwickelte sich im nordbayerischen Fichtelgebirge rund um die Stadt Selb ein weiteres Porzellanzentrum. Es kam zu zahlreichen Gründungen von Porzellanmanufakturen, da das Gebiet in Nordbayern große Vorkommen an Kaolin besaß.
Die Betriebe im Fichtelgebirge setzten auch zum ersten Mal Maschinen zur Porzellanherstellung ein. Durch die Technisierung unterschieden sich diese Manufakturen von denen im übrigen Deutschland, die wie zum Beispiel in Meißen alles in Handarbeit herstellten.
Eine der berühmtesten Porzellanfabriken in der Region sollte der Betrieb von Magnus Hutschenreuther werden. Zwischen den Städten Selb und Weiden wurden zeitweise bis zu 90 Prozent des deutschen Porzellans produziert. Namen wie Hutschenreuther, Rosenthal und Villeroy und Boch verliehen der Region ihren Glanz. Ein Porzellanmuseum informiert in Selb über die Geschichte der Porzellanherstellung der Region.