Der Aufbau des Auges Planet Wissen 00:32 Min. Verfügbar bis 26.09.2027 WDR Von 3sat/nano, Bluemoon Media, Volker Wasmuth+Patrick Zeilhofer, M. Herrmann+T. Külgen+D. Zanetti,Tobias Adams,3D Maximal https://terraxplaincommons.zdf.de

Sinne

Sehen

Unser Auge ist ein Wunderwerk der Natur: Etwa 80 Prozent aller Informationen aus der Umwelt, die wir im Gehirn verarbeiten, werden vom Auge geliefert. Wir können etwa 150 Farbtöne aus dem Spektrum des sichtbaren Lichtes unterscheiden.

Von Andrea Wengel

Aufbau und Funktion des Auges

Das Auge hat die Aufgabe, die elektromagnetischen Wellen des Lichtes in eine Folge von Nervenimpulsen umzuwandeln, die dann an das Gehirn weitergeleitet werden können.

"Sehen können" bedeutet: Licht muss von außen ungehindert durch das gesamte Auge bis zur Netzhaut gelangen und dort Nervenzellen erregen. Das eigentliche Bild von unserer Umwelt entsteht dann im Gehirn.

"Bulbus oculi" heißt unser Augapfel in der Fachsprache. Wie der Name schon sagt – er ist kugelförmig, ein mit Flüssigkeit gefüllter Hohlkörper. Lederhaut, Aderhaut und Netzhaut umgeben von außen nach innen die Wand des Augapfels.

Die Aderhaut kleidet den hinteren Teil des Auges aus und ist mit zahlreichen Blutgefäßen durchzogen. Über das Blut werden Nährstoffe und Sauerstoff zu den lichtempfindlichen Zellen der Netzhaut transportiert.

Das menschliche Auge im Querschnitt | Bildquelle: Mauritius

Auch die Lederhaut umschließt nicht das ganze Auge, sondern geht im vorderen Teil in die durchsichtige Hornhaut über. Sie ist so etwas wie ein Fenster, durch das Licht einfällt, fünfschichtig, etwa einen halben Millimeter dick und frei von Blutgefäßen. Denn die würden uns die freie Sicht nehmen.

Das gleiche gilt für die Linse und den Glaskörper. Entsprechend träge ist auch der Stoffwechsel des Glaskörpers. Er bezieht seine Nährstoffe aus dem Kammerwasser, das die Hohlräume des Auges füllt und sich ständig erneuert. Einer dieser Hohlräume ist die vordere Augenkammer, direkt hinter der Hornhaut.

Dahinter liegt ringförmig die farbige Regenbogenhaut oder Iris. Sie kann durch zwei Muskeln die Pupille in der Mitte verkleinern oder vergrößern und so die Menge des einfallenden Lichtes bestimmen. Die Iris kann viele Farben haben, die wir dann als unterschiedliche Augenfarben wahrnehmen.

Die Iris kann viele Farben haben | Bildquelle: dpa/Julian Stratenschulte

Hinter der Pupille bündelt die Linse das einfallende Licht. Sie ist beim gesunden Auge durchsichtig und klar. Außerdem ist sie elastisch und kann durch Verformung ihre Brechkraft ändern. Dadurch kann sich das Auge auf die unterschiedlichen Sehentfernungen einstellen.

Hat das Licht Hornhaut, Pupille, Augenlinse und Glaskörper passiert, fällt es schließlich auf die Netzhaut, die Retina. Das Auge funktioniert dabei ähnlich wie eine Kamera.

Die parallel eintreffenden Lichtstrahlen werden so gebündelt, dass sie auf der Netzhaut genau in der Fovea, dem Brennpunkt, zusammentreffen. Dabei erzeugt die Linse im Zusammenspiel mit dem geleeartigen Glaskörper ein kopfstehendes Bild der Außenwelt. Erst unser Gehirn dreht die Bilderflut in Echtzeit um.

In der Netzhaut liegen die lichtempfindlichen Sehzellen. Am dichtesten sind die Sehzellen in der Mitte der Netzhaut gepackt, der Makula. Sie ist ein etwa 1,5 Millimeter großer gelber Fleck und die Stelle des schärfsten Sehens.

Die Sinneszellen in der Netzhaut wandeln die elektromagnetischen Wellen des Lichtes in Nervenimpulse um und leiten sie an den Sehnerv weiter. Von dort gelangen die Reize über das Zwischenhirn in das Sehzentrum des Großhirns. Erst hier entstehen aus den Signalen beider Sehnerven der Augen Bilder.

Unser Gehirn vollbringt dabei Höchstleistungen. Es vergleicht sämtliche Bilder mit den Informationen, die bereits gespeichert sind, mit Objekten und Gefühlseindrücken, die wir im Laufe unseres Lebens gesammelt haben. Aus all diesen Daten lässt unsere Gehirn in Sekundenbruchteilen die Eindrücke entstehen, die wir wahrnehmen.

Zapfen und Stäbchen

Das menschliche Auge hat zwei Typen von Sinneszellen: Zapfen und Stäbchen – sechs Millionen Zapfen und 120 Millionen Stäbchen. Bei normalen Lichtverhältnissen arbeiten Zapfen und Stäbchen gleichermaßen. Beide zusammen vermitteln uns das komplette farbige Bild der Umwelt.

Zapfen und Stäbchen haben eine unterschiedliche spektrale Empfindlichkeit. Stäbchen haben ihr Empfindlichkeitsmaximum im blaugrünen Licht bei etwa 500 Nanometer Wellenlänge, Zapfen dagegen im grüngelben Licht bei etwa 560 Nanometer.

Die Zapfen liefern uns die Informationen über die Farben. Erst ab einer bestimmten Helligkeit senden sie Impulse zum Gehirn. Und erst dann entsteht unser Empfinden von einer farbigen Welt. Außerdem ermöglichen sie das scharfe Sehen.

Die größte Zapfendichte befindet sich an der Stelle des schärfsten Sehens, also am gelben Fleck oder Makula. Hier ist jede Sehzelle mit einer Nervenfaser verbunden und die Auflösung steigt drastisch an.

Nimmt die Helligkeit ab, erkennen wir nur noch Formen, Umrisse und Grautöne. Jetzt sind nur noch die Stäbchen aktiv. Diese Sehzellen kommen mit einer relativ geringen Lichtintensität aus. Sie melden uns hell oder dunkel.

Deswegen sind für uns "Nachts alle Katzen grau". Nebenbei leidet unter dem "Stäbchensehen" die Schärfe der Abbildung. Denn anders als die Zapfen ist nicht jedes Stäbchen mit einer Nervenfaser verbunden. Wenn es stockfinster ist, streikt das menschliche Auge.

Die Farbwahrnehmung verdanken wir den Zapfen in unserer Netzhaut | Bildquelle: Picture Alliance

Fehlsichtigkeiten

Kurzsichtigkeit

Wer kurzsichtig ist, sieht in der Nähe alles scharf, in der Ferne aber unscharf. Grund: Der Lichtstrahl wird bereits vor der Netzhaut gebündelt. Die Teile des Auges, die für den Sehvorgang wichtig sind, sind nicht exakt aufeinander abgestimmt.

Häufigste Ursache ist ein zu langer Augapfel oder aber eine zu hohe Brechkraft der Hornhaut oder der Linse. Diese Faktoren werden teilweise vererbt und entwickeln sich insbesondere in den ersten drei Lebensjahrzehnten. Äußere Faktoren, wie intensive Naharbeit oder Lesen bei schlechtem Licht, können die Entwicklung einer Kurzsichtigkeit fördern.

Kurzsichtigkeit lässt sich mit einer Brille recht einfach korrigieren | Bildquelle: mauritius images / imagebroker, Judith Thomandl

Weitsichtigkeit

Bei der Weitsichtigkeit ist die Sicht in die Ferne gut, aber die nahe Sicht unscharf. Hier liegt der Brennpunkt, also das scharfe Bild hinter der Netzhaut. Zumindest theoretisch. Natürlich treffen die Strahlen auch hier auf der Netzhaut auf. Allerdings sind sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig vereinigt.

Als Folge davon sehen wir das Bild verschwommen. Ursache: Bei den meisten ist der Augapfel zu kurz. Es kann aber auch daran liegen, dass die Brechkraft von Linse und Hornhaut zu schwach ist. Weitsichtigkeit ist meistens angeboren.

Alterssichtigkeit

Für Manchen ist der Arm gar nicht lang genug, um das Buch soweit vom Auge weg zu halten, dass die Buchstaben nicht mehr verschwimmen. Dabei ging das doch früher alles viel besser. Mit dem Alter lassen die Augen nach. Das ist ganz natürlich. Alterssichtigkeit gehört somit nicht im engeren Sinne zu den Fehlsichtigkeiten.

Verursacht wird die Alterssichtigkeit durch einen Elastizitätsverlust der Linse. Sie kann sich nicht mehr so stark wölben. Als Folge davon können wir näher liegende Objekte nicht mehr richtig scharf stellen.

Ab dem 40 bis 50 Lebensjahr kommt es dadurch zu Schwierigkeiten bei der Naheinstellung des Auges. Es ist ein normaler Alterungsprozess, der mehr oder weniger jeden betrifft.

Stabsichtigkeit

Besser bekannt als Hornhautverkrümmung oder Astigmatismus. Bei Menschen mit Stabsichtigkeit ist die Oberfläche der Hornhaut nicht glatt gerundet wie die Oberfläche einer Kugel, sondern verformt. Sie ist an verschiedenen Stellen unterschiedlich stark gewölbt.

Das führt zu einem verzerrten Bild auf der Netzhaut und damit zu unscharfem Sehen. Die Hornhautverkrümmung ist meistens angeboren, kann aber auch durch Narben nach Hornhautverletzungen oder Entzündungen entstehen.

(Erstveröffentlichung 2014. Letzte Aktualisierung 10.12.2020)