Die Rolle der Phänologie in der Klimaforschung
Seit Jahrzehnten wird über globale Erwärmung diskutiert. Dass es sie gibt, ist mittlerweile unstrittig, auch deshalb, weil sie mit phänologischen Daten belegt werden kann.
"Die Erde wird grüner", lautete die Schlagzeile einer NASA-Studie 2001. Denn aus dem Weltall ist deutlich sichtbar, dass das Pflanzenwachstum oberhalb des 40. nördlichen Breitengrades – der Linie zwischen Madrid und Peking – seit 1981 stark zugenommen hat. Obwohl die Wälder durch sauren Regen und andere Eingriffe des Menschen geschädigt worden sind, gibt es heute mehr Pflanzen als in früheren Jahrzehnten.
Denn durch die Klimaerwärmung ist die Vegetationsperiode länger geworden. Der Frühling kommt früher, der Winter später. Die Pflanzen haben also mehr Zeit, sich fortzupflanzen und auszubreiten, bevor die Winterruhe beginnt. Weil der Temperaturverlauf die Entwicklung von Pflanzen so stark mitbestimmt, sind Veränderungen im Pflanzenwachstum wichtige Indikatoren für den Klimawandel.
Die Erde wird grüner
Pflanzen und Klimaveränderung
In phänologischen Studien wurde festgestellt, dass sich die Wachstumsphase der Pflanzen in Europa seit den 1960er-Jahren um mehr als zehn Tage verlängert hat. In Deutschland ist die sogenannte Vegetationsperiode inzwischen rund zwei Wochen länger.
Die Blütezeit vieler Pflanzen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich nach vorne verschoben. Die Haselblüte setzt vielerorts sogar bis zu vier Wochen früher ein. Auch Erlen, Eschen und Ulmen blühen früher als in früheren Zeiten und viele Laubbäume behalten ihre grünen Blätter noch bis in den November hinein.
Auch auf den Menschen haben diese Veränderungen Auswirkungen. Landwirte müssen ihre Zeiten für Saat und Ernte auf die veränderten Bedingungen einstellen und Allergiker müssen sich wappnen: Eine Verlängerung der Vegetationsphase durch frühere Blüte bedeutet auch eine Verlängerung des Pollenflugs.
Allergene Pflanzen wie die Schwarzerle blühen deutlich früher
Hinzu kommt, dass sich von unserem wärmeren Klima ganz neue Arten angezogen fühlen. Das Traubenkraut, auch Ambrosia genannt, ist in den vergangenen Jahren aus den USA nach Europa eingewandert und hat sich vereinzelt auch in Deutschland angesiedelt. Breitet sich der Einwanderer weiter aus, würde seine späte Blüte im August die Leidenszeit der Hypersensiblen weiter verlängern: Ambrosia gilt als extrem allergieauslösend.
Tiere und Klimaveränderung
Wenn sich die Pflanzen umstellen, folgen auch die Tiere: Manche Amphibienarten, zum Beispiel der Laubfrosch, laichen heute früher ab als in vergangenen Jahrzehnten.
Besonders deutlich werden die Veränderungen im Leben der Tiere jedoch an den Vögeln. Weil das Klima freundlicher wird und die Pflanzen nicht mehr lange ruhen, lohnt sich für manche Zugvögel, die Europa im Winter bisher verlassen haben, die lange Reise in den Süden nicht mehr.
Zugvögel kehren mittlerweile deutlich früher aus ihren Überwinterungsgebieten zurück als noch vor wenigen Jahren. Manche Vogelarten bleiben gleich ganz hier.
Stare ziehen seltener in den Süden – sie überwintern bei uns. Das verschafft ihnen im Frühjahr Vorteile gegenüber den Zugvögeln, da die Daheimgebliebenen sich schon frühzeitig die besten Brutplätze sichern können. Die Zahl von Brutpaaren kleinerer Zugvögel wie Gartenrotschwanz, Uferschwalbe und Wendehals ist deshalb stark gesunken.
Rentiere in Gefahr
Planet Wissen. 02.02.2024. 02:09 Min.. UT. Verfügbar bis 04.03.2027. WDR.
(Erstveröffentlichung 2006. Letzte Aktualisierung 04.03.2020)
Quelle: WDR