Süßer Weltschmerz
Lissabon ohne Fado-Musik: undenkbar. Und das hat mehrere Gründe. Erstens kam der melancholische Gesang, der seinen Ursprung vermutlich in Brasilien hat, zu Beginn des 19. Jahrhunderts über Lissabon nach Europa. Zweitens stammen einige der bekanntesten Fado-Künstler aus Portugals Hauptstadt.
Wie genau der Fado entstanden ist, weiß niemand so genau. Ziemlich sicher ist allerdings, dass ihn brasilianische Einflüsse entscheidend mitgeprägt haben. Das Wort Fado leitet sich wahrscheinlich vom lateinischen Fatum ab. Das heißt übersetzt Schicksal. Und so klingt der Fado auch: immer ein wenig schwermütig und melancholisch.
Für die Portugiesen verkörpert der Fado die "Saudade", ein typisch portugiesisches Gefühl. "Saudade" könnte man als eine Mischung aus Melancholie, Weltschmerz und Sehnsucht beschreiben.
Geliebt und abgelehnt
Obwohl "Saudade" in jedem Fado vorkommt, gibt es regionale Unterschiede. In Coimbra etwa, nördlich von Lissabon, ist er heiterer und weniger schwermütig.
In der Landeshauptstadt wird dagegen die klassische Variante gespielt. Der Fado wird dort von einem Sänger oder einer Sängerin vorgetragen. Begleitet wird der Künstler von zwei Gitarrenspielern. Einer davon spielt auf der zwölfsaitigen "guitarra portugesa" die Melodie, ein anderer gibt mit der sechssaitigen Gitarre den Rhythmus an.
Doch nicht alle Portugiesen lieben den Fado. Viele bezeichnen ihn als zu wehleidig, einige Musikkritiker tun ihn als Volksverdummung ab.
Besonders schwer hatte es der Fado in Zeiten der Diktatur unter António de Oliveira Salazar, der zwischen 1933 und 1968 regierte. Er befürchtete, dass der melancholische Gesang die Portugiesen zu einem Volk von Pessimisten mache. Doch der Fado war nicht zu verbannen.
Amália Rodrigues: die Königin des Fado
Zu den berühmtesten Fado-Künstlerinnen gehört Amália Rodrigues. 50 Jahre lang sang die Lissabonnerin den Fado, bis heute ist sie eine Legende. 1920 wurde Amália da Piedade Rebordão Rodrigues, so ihr voller Name, in Lissabon als eines von zehn Kindern einer armen Familie geboren.
Ihre Karriere begann 1939 in einem Nachtclub. Schnell wurde Amália, wie sie in Portugal nur genannt wurde, auch über die Landesgrenzen hinaus berühmt. Später wirkte sie auch in einigen Filmen mit. 1999 starb "die Königin des Fado". Sie war in Portugal so populär, dass man ihr ein Staatsbegräbnis gab.
Die nächste Generation
Im Laufe der Jahre hat sich der Fado weiterentwickelt. Zwar hört man aus den unzähligen Lokalen in Lissabon noch immer den klassischen Fado-Gesang, doch viele Künstler interpretieren die Musik auf ihre eigene Art. Zum Beispiel verwenden sie zur Begleitung andere Instrumente.
Zu dieser Fado-Stilrichtung gehören etwa die Sängerinnen Mísia und Mariza. Beide sind international bekannt und haben sowohl die klassischen Fado-Stücke in ihrem Repertoire als auch viele neue Kompositionen.
Die Wurzeln des Fado sind dennoch unüberhörbar. Denn ohne "Saudade", dieses typisch portugiesische Gefühl, kommt auch dieser Fado nicht aus.
(Erstveröffentlichung 2010. Letzte Aktualisierung 21.04.2021)