Heiligtum der römisch-katholischen Kirche
Mehr als 20.000 Menschen besuchen täglich den Petersdom, für den am 18. April 1506 der Grundstein gelegt wurde und an dem rund 120 Jahre lang gebaut wurde. Für die Gläubigen in aller Welt gilt "Sankt Peter" als das Heiligtum der römisch-katholischen Kirche.
Vom Herzstück des Vatikans spendet der Papst am Ostersonntag und am 1. Weihnachtsfeiertag seinen Segen "Urbi et Orbi" – zu deutsch: "der Stadt und dem Erdkreis". Dabei steht er auf dem Mittelbalkon des Petersdoms und blickt, wie die Statuen von Christus und den Aposteln auf der Fassade, auf rund 100.000 Menschen herab, die der Petersplatz fassen kann.
Von jenem Balkon aus wird der Name des neu gewählten Papstes ausgerufen, auch Selig- und Heiligsprechungen werden hier verkündet.
Wenn der Papst spricht, hören Tausende Menschen zu
An der Stelle, an der der Petersdom ab 1506 gebaut wurde, stand bis dahin die Basilika Konstantins I., der von 306 bis 337 regierte. Konstantin I. erlaubte im Mailänder Toleranzedikt das Christentum als Religion und leitete damit den Siegeszug des Christentums ein. Um 324 ließ er eine Basilika auf dem Vatikanischen Hügel errichten.
In der Zeit der Christenverfolgungen soll hier der Apostel Petrus auf Befehl des Kaisers Nero in dessen Zirkus um das Jahr 64 sein Martyrium erlitten haben und kopfüber gekreuzigt worden sein. Damals lag das Gelände noch weit außerhalb der Stadt Rom.
An der Nordseite des Zirkus, auf der Gräberstraße für reiche Römer, sollen Mitglieder der römischen christlichen Gemeinde ihren ersten Bischof begraben haben. Archäologisch gesehen konnte das Petrus-Grab bis heute nicht einwandfrei identifiziert werden.
Dennoch: Konstantin ließ den Zirkus abreißen, die Gräberstadt einebnen und über dem Petrusgrab eine Kirche errichten. Er berief sich dabei auf eine Stelle im Matthäus-Evangelium: "Du bist Petrus und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen. Und dir will ich geben die Schlüssel über das Himmelreich."
Kaiser Konstantin der Große legte den Grundstein für die erste Basilika
Diese Worte von Jesus Christus, auf die sich auch das Papsttum begründet, wurden später in der Kuppel des Petersdoms in zwei Meter hohen, lateinischen Lettern verewigt: "Tu es Petrus et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam, et tibi dabo claves regni caelorum." 326 weihte Papst Silvester I. die Basilika ein. Sie wurde die zentrale Wallfahrtskirche der Christen.
Alt-Sankt-Peter weicht neuen Plänen
Mitte des 15. Jahrhunderts, im Zeitalter der Renaissance, war Konstantins Basilika in einem schlechten Zustand. Die baufällige Kirche musste dringend renoviert werden.
1452 begann Papst Nikolaus V. mit seinen Architekten, die Basilika zu restaurieren und zu erweitern. Die Bemühungen endeten 1455 mit dem Tod des Papstes und ruhten danach für gut 50 Jahre.
1503 ging der frisch gekürte Papst Julius II. die Restaurierung des mittlerweile einsturzgefährdeten Baus an. Nachdem er Pläne des Bildhauers Michelangelo Buonarroti aus Kostengründen verworfen hatte, beauftragte er den 62-jährigen norditalienischen Architekten Donato Bramante mit dem völligen Neubau der Peterskirche. Julius II. wollte einen Prachtbau mit einem Monumentalgrab für sich selbst über dem Petrusgrab.
So sah Bramantes Entwurf für den Petersdom aus
Um Platz für Neues zu schaffen, ließ Bramante die alte Peterskirche bis auf die Fassade abreißen. Ein Skandal, denn das Langhaus von Alt-Sankt-Peter glich somit einer Ruine – obwohl dort täglich die heilige Messe gefeiert werden musste.
Dafür handelte sich der Baumeister viele Proteste ein: "Donato Bramante, Maestro Ruinante" ("Bramante, der zerstörerische Baumeister") stand auf einem Plakat, das man einer Statue um den Hals gehängt hatte. Das kümmerte den Meister wenig, zur Realisierung seiner Pläne hatte er sogar erwägt, das Petrusgrab zu verlegen. Den Gedanken verwarf er allerdings wieder. Nach dem Tod Bramantes 1514 ging der Bau nur schleppend voran.
Der Medici-Papst Leo X. holte den Maler Raffael als Nachfolger Bramantes. Er plante sechs Jahre lang bis zu seinem Tode 1520 den Weiterbau. Mangels Erfahrung in der Architektur realisierte er kaum etwas von seinen Plänen.
Ablasshandel als Finanzierung für den Petersdom
In die Anfangsjahre des 16. Jahrhunderts fällt nicht zufällig der Beginn der Reformation. Der Bau des Petersdoms war der Anlass für die Spaltung der Kirche in Katholiken und Protestanten.
Um genug Geld für den Bau zu beschaffen, beschied Papst Leo X. einen so genannten Plenarablass: Wer der Kirche Geld zahlte, dem wurde die Strafe für seine Sünden erlassen. Das war der so genannte Ablasshandel. Den Ablass predigte auch Johann Tetzel in Magdeburg. Ihm schreibt man den Spruch zu: "Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt."
"Ablasskrämer" wie Tetzel waren dem deutschen Bergmannssohn und Augustinermönch Martin Luther (1483-1546) ein Dorn im Auge. Seiner Ansicht nach sollte die Buße mit der Liebe zu Gott beginnen, daran konnten auch Ablasszahlungen nichts ändern.
Das formulierte Luther in der ersten seiner 95 Thesen, die er 1517 an die Tür der Wittenberger Schlosskirche heftete: "Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht 'Tut Buße' (…) hat er gewollt, dass das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll."
Luther ging gegen den Ablasshandel vor
In These 51 ging es konkret um den Petersdom: "Der Papst wäre, wie es seine Pflicht ist, bereit – wenn nötig die Peterskirche zu verkaufen, um von seinem Gelde einem großen Teil jener zu geben, denen gewisse Ablassprediger das Geld aus der Tasche holen."
Im nun entbrannten Glaubensstreit – durch die Erfindung des Buchdrucks rasant vorangetrieben – wurde der Petersdom zum verhassten Symbol der Anhänger Luthers. Die Reformation ließ zahlreiche Geldquellen nördlich der Alpen versiegen.
Viele Architekten, viele Pläne
Mangels Geld und konsequenter Umsetzung kam der Weiterbau des Petersdoms zur Zeit der Reformation nur schleppend voran. Zu den Nachfolgern Bramantes gehörten neben Raffael auch die Architekten Baldassare Peruzzi und Antonio da Sangallo.
Letzterer baute sieben Jahre lang an einem begehbaren Holzmodell, das heute in der Fabrica di San Pietro, in der Dombauhütte des Petersdoms, zu besichtigen ist.
Fassadenzeichnung von Bramantes Schüler Sangallo
Bezeichnend ist, dass kein Architekt den Entwürfen seines Vorgängers traute und der Bau mit jedem Baumeister-Wechsel erneut in die Planungsphase zurückgeworfen wurde. Nicht einmal über die Grundform der Kathedrale herrschte Einigkeit.
72-jährig übernahm 1547 der Bildhauer und Baumeister Michelangelo Buonarotti die Bauleitung. Er konstruierte jene Kuppel, die den Petersdom bis heute unverwechselbar macht. Fast 30 Jahre nach dem Tod Michelangelos vollendete Giacomo de la Porta die Kuppel im Jahre 1593.
Der Architekt Carlo Maderno, der von 1603 bis 1629 an Sankt Peter arbeitete, vollendete die Kirche und die Fassade so weit, dass sie im November 1626 von Papst Urban VIII. Barberini eingeweiht werden konnte. Maderno hatte bis zu seinem Tod 1629 die Leitung der Dombauhütte inne.
Schon ab 1624 wirkte der Neapolitaner Gian Lorenzo Bernini, der später Maderno ablösen sollte, an der Innengestaltung des Gotteshauses mit. Zu den wichtigsten Arbeiten des Vertreters des römischen Hochbarocks gehört der Bronzebaldachin über dem Hochaltar.
Berninis größtes Werk jedoch ist der Petersplatz mit seinen Kolonnaden, die den Platz seitlich einfassen. Über seine 1667 eingeweihten Säulengänge schrieb Bernini selbst: "Sie sind geeignet, die Katholiken zu umarmen und in ihrem Glauben zu stärken."
Die Kolonnaden sollen "die Katholiken umarmen"
Faszination der Stilvielfalt
Drei Stilepochen – Renaissance, Manierismus und Barock – hat der Petersdom in seiner Baugeschichte durchlaufen. Es gab nie einen einheitlichen Bauplan.
Doch trotz der 120-jährigen Hauptbauzeit, den Abrissen und Neuaufbauten unter den verschiedenen Architekten und ihrem ständigen Ringen um die perfekte Form strahlt der Petersdom eine große Einheitlichkeit im Stil aus. Vor allem die Architektursprache Michelangelos wirkt wie eine Klammer für das Gesamtbild.
Trotz der verschiedenen Stile ein Gesamtkunstwerk
Die Faszination von Sankt Peter ist nicht nur mit der Architektur und den damit im Zusammenhang stehenden Kunstschätzen verknüpft, sondern auch mit der religiösen Bedeutung und der Person des Heiligen Petrus. Sie offenbart sich beim Besuch des Petrusgrabes.
Denkt man an das Martyrium des Apostels, kommt für Christen die ganze Fülle seiner Liebe zum Ausdruck. Denn weil er die Christen, die unter Kaiser Nero verfolgt wurden, nicht verraten wollte, ließ er sich kopfüber kreuzigen. Kopfüber, weil er sich nicht würdig erachtete, ebenso wie Christus am Kreuz zu sterben.
Papst Johannes Paul II. formulierte es 1985: "Aufgrund eines geheimnisvollen Zeichens der Vorsehung hat Petrus in Rom seinen Weg in der Nachfolge Christi beendet und in Rom auch den größten Beweis seiner Liebe und Treue geliefert."
Das Gebet am Petrusgrab hat somit für viele Gläubige etwas Familiäres. Sie fühlen sich hineingenommen in die Gesamtheit der Kirche.
(Erstveröffentlichung 2006. Letzte Aktualisierung 04.02.2021)
Quelle: WDR