Die Bezeichnung "evangelisch" bezieht sich auf das Evangelium, zu Deutsch "Gute Nachricht". Gemeint ist damit die frohe Botschaft der Bibel, die im Mittelpunkt des Glaubens stehen soll.
Dass es die evangelische Glaubensrichtung (Konfession) heute überhaupt gibt, liegt vor allem am ehemaligen Mönch Martin Luther. Er kritisierte ab etwa 1517 öffentlich den Papst, die katholische Kirche und die Lehre der Kirche – das war der Beginn der so genannten Reformation.
Luthers Hauptkritikpunkt war der so genannte Ablasshandel: Die Kirche behauptete damals, dass die Menschen nach dem Tod ins Fegefeuer kommen würden und dass man diese Qualen deutlich verkürzen könne, wenn man schon zu Lebzeiten der Kirche Geld bezahlte.
Durch seine Kritik ist Luther auch dafür mitverantwortlich, dass sich die evangelische Konfession von der römisch-katholischen Kirche abspaltete – auch wenn er das gar nicht beabsichtigt hatte.
Aus der Zeit der Reformation stammt auch der Begriff "Protestant": Der Kaiser hatte verboten, die Lehre von Martin Luther weiter zu verbreiten – und dagegen protestierten im Jahr 1529 viele Fürsten und Reichsstädte auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands. Sie wurden buchstäblich die ersten Protestanten, also Protestierende. Bis heute werden die Angehörigen der evangelischen Kirchen deshalb "Protestanten" genannt.
Bei den Protestanten gilt die Bibel als einzige Quelle für Gottes Wort – anders als in der katholischen Kirche, wo auch die Lehre der Kirche als wichtige Glaubensquelle angesehen wird. Außerdem können in den meinsten evangelischen Kirchen auch Frauen wichtige Ämter einnehmen, zum Beispiel als Pfarrerin und Bischöfin.
Die evangelischen Kirchen haben keinen weltweiten Obersten, so wie es der Papst für die katholische Kirche ist. Sie sehen Jesus Christus als Oberhaupt.
Evangelische Christen feiern nicht sieben heilige Handlungen (Sakramente), wie die katholischen Christen tun, sondern nur zwei: die Taufe und das Abendmahl (entspricht der Eucharistie auf katholischer Seite). Sie werden als besonders wichtige Momente im Glaubensleben betrachtet, in denen eine besondere Verbindung mit Gott entsteht.
Von den Sünden wird man dadurch befreit, dass man sie selbst vor Gott bekennt – anders als bei den Katholiken, die ihre Sünden vor einem Priester und damit vor einem anderen Menschen beichten. Die Verehrung von Heiligen wird im evangelischen Christentum abgelehnt.
(Erstveröffentlichung 2024. Letzte Aktualisierung 16.05.2024)
FACHBERATUNG
Prof. Konstantin Lindner
Institut für Katholische Theologie / Lehrstuhl für Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts, Otto-Friedrich-Universität Bamberg
UNSERE QUELLEN
- Hans Dieter Betz (Hrsg.): "Religion in Geschichte und Gegenwart: Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft". Verlag UTB, Stuttgart 2008
- Michael Maaser; Gerrit Walther (Hrsg.): "Bildung – Ziele und Formen, Traditionen und Systeme, Medien und Akteure". J.B. Metzler Verlag, Heidelberg 2011
- Franz-Xaver Kaufmann, Bernhard Schäfers: "Religion, Kirche und Gesellschaft in Deutschland". VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 1988
- Domradio.de: "Tendenz steigend" (11.05.2022)
- Theology.de: "Christliche Konfessionen im Überblick" (abgerufen am 11.04.2024)
- Deutsche Welle: "Was Protestanten und Katholiken trennt" (24.12.2024)
- Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland: "Deutschland: Die Konfessionen" (15.01.2018)
- tagesschau.de: "Mehr als 500.000 Austritte aus katholischer Kirche" (28.06.2023)
- Evangelische Kirche in Deutschland: "Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung 6" (2022)
- Evangelische Kirche in Deutschland: "Konfessionsvergleich" (2022)
- Bistum Augsburg: "Warum gibt es kein Priestertum der Frau?" (17.09.2019)
- Bundesministerium des Inneren und für Heimat: "Christliche Kirchen" (abgerufen am 11.04.2024)
- Deutsche Bischofskonferenz: "Sakramente" (abgerufen am 11.04.2024)
- Deutsche Bischofskonferenz: "Katholiken weltweit und in Deutschland" (abgerufen am 11.04.2024)