Dombau im Mittelalter
Schon im Mittelalter waren einige Handwerker eigens für den Bau des Kölner Doms angestellt – vorwiegend Steinmetze, aber auch Zimmerleute, Maurer, Dachdecker und Schmiede. Der Werkmeister an der Spitze, der sogenannte "magister operis", leitete die Bautruppe an.
Auch nach der vorläufigen Einstellung der Bautätigkeit am Dom im Jahr 1560 blieb ein fester Stamm von Handwerkern. Sie führten die notwendigen Reparaturarbeiten durch. Als die französischen Revolutionstruppen Köln 1794 besetzten, flohen die letzten Handwerker am Dom und die Dombauhütte löste sich auf.
Unter dem preußischen König Friedrich-Wilhelm IV. wurde sie wieder eingerichtet. Ihre größte Blüte erlebte sie 1842, als die Bautätigkeit wieder aufgenommen wurde.
Der alte Kran, der fast 600 Jahre lang das Dach des Kölner Doms geziert hatte, wurde durch eine moderne Gerüstkonstruktion ersetzt. Schwere Lasten konnten nun mit der Hilfe von Lastenaufzügen, die mit Dampfkraft betrieben wurden, den Dom hinauftransportiert werden.
Der Dom ist fertig, die Hütte bleibt
1880 wurden die Bauarbeiten am Kölner Dom abgeschlossen und seine Fertigstellung als nationales Ereignis gefeiert. Zwar wurde anschließend nicht die gesamte Dombauhütte aufgelöst, doch die Zahl ihrer Mitarbeiter stark reduziert. Nur einige wenige Hüttengebäude verblieben an der Südseite des Doms.
Schließlich entstand eine zweite Hütte, die ohne Absprache mit der bisherigen staatlichen Hütte Baustellen eröffnete. Immer wieder waren grundlegende Instandsetzungsarbeiten erforderlich. Doch erst als 1906 während einer Maiandacht ein größerer Steinbrocken in eine Menschengruppe stürzte, kamen umfangreichere Arbeiten in Gang.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Hütten dann endgültig dem Erzbistum Köln unterstellt. Heute arbeiten etwa 60 Mitarbeiter für die Kölner Dombauhütte: vor allem Steinmetze, aber auch Dachdecker, Gerüstbauer, Schreiner und Maler. Außerdem wird intensiv nach geeigneten Dombaumaterialien geforscht.
Steinfraß – der Zahn der Zeit
Auch heute haben die Handwerker der Dombauhütte viel zu tun: Umwelteinflüsse wie saurer Regen, Verwitterung und Alterung nagen an den Steinen des Kölner Doms. Seit der Grundsteinlegung sind am Kölner Dom rund 50 verschiedene Gesteinsarten verbaut worden. Viele davon wurden nur versuchsweise eingesetzt.
Hauptsächlich besteht die Kathedrale heute aus acht verschiedenen Steinsorten. Nicht alle haben sich als widerstandsfähig erwiesen – vor allem nicht gegen den aggressiven sauren Regen. Das ist Niederschlag, der durch Stickstoffoxide, Schwefeldioxide und andere chemische Gemische belastet ist. Besonders anfällig sind kalkhaltige Steine: Sie werden porös, der sogenannte Steinfraß setzt ein.
Die Hütte sorgt für Durchblick
Seit 1953 verfügt die Kölner Dombauhütte auch über eine Glas-Restaurierungswerkstatt, die kontinuierlich den Erhalt der Glasmalereien sichert. Bei der Arbeit mit Lupe und Mikroskop ist allerdings größte Vorsicht geboten – ein falscher Schritt und das Jahrhunderte alte Original ist unwiederbringlich zerstört.
Die Glasrestaurationswerkstatt in Köln zählt zu den modernsten Europas. Die Restaurateure verzichten auf chemische Reinigungsmittel. Diese haben sich zum Entfernen von Belägen nicht bewährt. Entweder sind sie zu aggressiv und greifen die Glassubstanz an oder sie sind zu kompliziert und teuer in der Anwendung.
Die Glasmalereien des Kölner Doms werden vor allem durch Regen, Schwitzwasser und atmosphärische Schadstoffe bedroht: Das Glas korrodiert. Dabei wandern aggressive Wasserbestandteile, die sauren Protonen, in das Glas.
Gleichzeitig werden Alkali-Ionen aus dem Glas ausgeschwemmt, die aus dem Kalk oder der Pottasche stammen, die bei der mittelalterlichen Glasherstellung die Aufgabe hatten, den Schmelzpunkt zu senken. Je höher der Anteil der Alkali-Ionen im Glas ist, desto mehr wäscht das Wasser heraus. Dadurch verliert das Glas an Stabilität.
Wasser kann jedoch auch schützen, indem es eine Gelschicht erzeugt, die sich wie ein Mantel auf die Glasoberfläche legt. Durch natürliche Prozesse und Abgase wird diese Schutzschicht allerdings porös. Bei starken Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen zeigt die angegriffene Glasoberfläche bald kleine Risse, durch die die Schadstoffe tiefer in das Glas gelangen und es dort angreifen.
Oft überkrustet Wetterstein zusammen mit Mikroben, Staub und Taubenkot die Glasoberfläche. Auch Pilzsporen lieben mittelalterliche Gläser: Auf ihrer rauen Oberfläche können sie sich besser einnisten als auf modernem Glas. Die Pilze ernähren sich von Spurenelementen aus Farbe und Flussmitteln des Glases und werden zu einem dicken Film.
Experimente sind manchmal nötig
"So wenig wie möglich, so viel wie nötig." So lautet das Motto der Kölner Restaurateure. Erst wenn die Glasbemalung zu verschwinden droht und sich Risse bedenklich vergrößern, greifen sie ein. Dann heißt es, die richtigen Farben, Materialien und Kleber bereitzuhalten. Da sich die mittelalterliche Glasbeschaffenheit und Farbgebung heute nicht mehr herstellen lässt, müssen Restaurateure kompromiss- und experimentierfreudig sein.
Doch gegen Enttäuschungen sind sie nicht gefeit: Oft zeigt sich erst nach Jahrzehnten, wie sich eine Schutz- oder Reinigungsmaßnahme auswirkt. So verfärbten sich beispielsweise transparente Kleber bräunlich und verunstalteten "gerettete" Glasmalerei.
(Erstveröffentlichung 2005. Letzte Aktualisierung 24.08.2020)