Expressionismus
Expressionismus im Vergleich zu anderen Kunstepochen
Die meisten Kunstwerke des Expressionismus entstanden zwischen 1905 und 1925. Doch fast zeitgleich entwickelten sich auch einige andere Kunststile. Sie überlappen sich und inspirieren sich gegenseitig. Wie unterscheidet sich Expressionismus also von anderen Epochen?
Von Josiane Speckenwirth
Impressionismus
Der Expressionismus entstand als direkte Reaktion auf den Impressionismus – eine Kunstepoche, die ungefähr von 1860 bis 1890 dauerte. Zu den berühmtesten Gemälden des Impressionismus zählen die "Seerosen" von Claude Monet.
Die Künstler des Impressionismus malten oft Landschaften oder Menschen in Alltagssituationen. Die Themen ähneln denen des Expressionismus, aber die Umsetzung unterscheidet sich deutlich: Während die Expressionisten vor allem ihre eigenen Gefühle ausdrückten, konzentrierten sich die Impressionisten vorrangig darauf, was um sie herum passiert. Sie fingen die Stimmung von flüchtigen Momenten und Alltagssituationen ein.
Seerosen und Gartenteich – Monets beliebtes Motiv
Die Impressionisten benutzten dafür vor allem helle Farben. Selbst dunkle Bildbereiche malten sie nicht mit Grautönen, sondern indem sie Farben übereinandersetzten. Dadurch sind selbst die Schatten bunt.
Um Formen und Licht darzustellen, setzten die impressionistischen Künstler die Pinselstriche klar erkennbar neben- und übereinander. Die Gemälde wirken oft verträumt und kommen ohne viele Details aus. Deshalb wurden die Gemälde zunächst als unfertig kritisiert.
Wie der Expressionismus brach der Impressionismus damals mit den traditionellen Malweisen, wurde aber schließlich gesellschaftlich akzeptiert.
Fauvismus
Der Begriff "Fauvismus" entstand um das Jahr 1905 und bezeichnete zunächst Maler wie Henri Matisse als "Fauvistes" – auf Deutsch: "die wilden Bestien". Kritiker gaben den französichen Künstlern diesen abwertenden Beinamen nach deren ersten Ausstellung 1905 aufgrund ihrer Malweise. Typisch für sie sind ein lockerer Pinselstrich, vereinfachte Formen und starke Farbkontraste, also Blau und Orange, Rot und Grün, Violett und Gelb.
Fauvisten wie Henri Matisse malten mit strahlenden Farben
Wie die Expressionisten stellten auch die Fauvisten ihr eigenes Empfinden in den Vordergrund. Doch anders als die Expressionisten wollten sie mit ihrer Kunst keine soziale oder politische Kritik üben. Und sie legten Wert darauf, dass ihre Bilder als schön wahrgenommen werden.
Beide Stilrichtungen entstanden etwa zeitgleich als Reaktion auf den Impressionismus und markierten einen neuen Abschnitt der modernen Kunst. Doch der Fauvismus war viel kurzlebiger: Während die Hochphase des Expressionismus von 1905 bis 1920 dauerte, löste sich der Fauvismus schon 1908 nach knapp drei Jahren größtenteils wieder auf. Bis auf Matisse wandten sich die Künstler dann anderen Kunstströmungen zu.
Kubismus
Das Gemälde "Die Fräulein von Avignon" (1907) von Pablo Picasso war der Startschuss für eine weitere neue Stilrichtung: Kubismus. Ähnlich wie der Expressionismus arbeitet er mit verzerrten, zweidimensionalen Motiven.
Die kubistischen Werke wurden immer abstrakter. So abstrakt, dass Objekte bald ausschließlich aus geometrischen Formen bestanden, die sich teilweise überschneiden. Durch die abstrakte Malweise müssen die Betrachter die einzelnen Bildteile zu einem Motiv zusammensetzen. Pablo Picasso sagte zur kubistischen Malweise: "Ein Kopf ist eine Sache aus Augen, Nase und Mund, die man in jeder beliebigen Weise anordnen kann. Der Kopf bleibt doch ein Kopf".
Die kubistischen Künstler wollten einen neuen Stil erschaffen, um die Realität abzubilden. Anders als beim Expressionismus spielten ihre persönlichen Gefühle keine Rolle in ihren Bildern. Auch die Farbauswahl unterscheidet sich stark: Die Kubisten verwendeten meist dunkle, erdige Töne für ihre Werke, keine kontrastreichen starken Farben wie die Expressionisten.
Das Gemälde "Die Fräulein von Avignon" von Picasso
(Erstveröffentlichung 2024. Letzte Aktualisierung 29.05.2024)
UNSERE QUELLEN
- Interview mit Christina Danick, Kuratorin im Museum Ostwall im "Dortmunder U", 05.03.2024
- Susie Hodge: "50 Schlüsselideen Kunst". Springer Spektrum Berlin, Heidelberg, 2014
- Thomas Anz: "Literatur des Expressionismus". Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, 2010
- Frank Krause: "Literarischer Expressionismus". V&R Academic, 2015
- Ashley Bassie: "Expressionismus". Parkstone International, New York, 2012
- Kunsthaus Zürich: "Expressionismus in Deutschland und Frankreich. Von Matisse zum Blauen Reiter". Prestel, 2014
Quelle: WDR