Ein Schiffsarzt als Pionier
Die Anfänge des Wintersports im Schwarzwald liegen gerade mal ein gutes Jahrhundert zurück. Erst 1888 kam das erste Paar Schneeschuhe in die Region. Doch schon innerhalb weniger Jahre entwickelte sich eine lebhafte Wintersportkultur.
Die ersten Skier brachte wohl der Landarzt Dr. Tholus nach Todtnau in den Südschwarzwald.
In seiner Zeit als Schiffsarzt in Norwegen werden seine Mannschaftskameraden ihm von den hölzernen Latten erzählt haben, die sich die Skandinavier unter die Füße schnallten, um damit leicht und sicher über den Schnee zu gleiten.
Auf seinen mühevollen Krankenbesuchen im winterlichen Schwarzwald mag er sich an diese Berichte erinnert haben.
1888 ließ er sich ein Paar Skier aus Norwegen schicken. Doch als die ersehnten Bretter endlich eintrafen, musste der Doktor feststellen, dass er mit diesen zwei Meter fünfzig langen Latten überhaupt nicht zurechtkam. So wanderten die ersten Todtnauer Skier erst einmal auf den ärztlichen Dachboden.
Drei Jahre später berichteten die Zeitungen in aller Welt von einer Sensation: Der Norweger Fridtjof Nansen hatte 1891 ganz Grönland in nur 42 Tagen durchquert – auf Skiern.
Tholus und seine Freunde waren begeistert. Sie holten die Skier vom Dachboden und brachen wenige Tage später selbst auf – zu einer Winterbesteigung des Feldberges.
Oben angekommen erfuhren sie, dass kurz vorher schon ein Skiläufer von der anderen Seite her den Feldberg bestiegen hatte, ein französischer Konsulatssekretär mit dem Namen Dr. Pilet.
Die Todtnauer setzten sich mit diesem Skifahrer in Verbindung und wenig später gab Dr. Pilet die ersten Unterrichtsstunden im Schneeschuhlaufen.
Eine neue Trendsportart
Nachdem die ersten Skifahrer den Feldberg bestiegen hatten, entwickelte sich das Skifahren im Schwarzwald schnell zum Modesport. Die ersten Skiclubs konnten die vielen Anträge auf Mitgliedschaft kaum bewältigen. Skifahren galt als schick und lockte ein durchaus mondänes Publikum in den Schwarzwald.
Man reiste mit dem Pferdeschlitten zu den Rennen auf dem Feldberg und vergnügte sich rund um den Feldberger Hof, einem der ersten Gasthöfe, der den aufkeimenden Tourismus zu nutzen wusste.
Von Anfang an waren auch Frauen auf Skiern unterwegs. In einer Zeit, in der Sport für Frauen eigentlich nicht vorgesehen war, wurden Skifahrerinnen von ihren männlichen Kameraden als gleichberechtigte Partner angesehen. Das erste Damenskirennen fand schon 1897 auf dem Feldberg statt.
Späte Entwicklung
In anderen Gegenden, etwa in Skandinavien, Russland oder Sibirien, wird schon seit Jahrtausenden Ski gefahren. Der älteste bekannte Ski, der "Ski von Hoting", der in einem Moor in Schweden gefunden wurde, ist über 4000 Jahre alt.
Warum wurde das Skifahren in einer so schneereichen Gegend wie dem Schwarzwald nicht auch früher erfunden?
Vielleicht lag es an den Lebensgewohnheiten der Schwarzwälder. Sie waren sesshafte Bauern, keine Nomaden mit großen Herden und keine Sammler und Jäger wie die skandinavischen oder sibirischen Völker.
Im Winter blieben sie in ihren Häusern und gingen höchstens zum Holzschlagen in den Wald. Größere Entfernungen hatten sie in der kalten Jahreszeit kaum zu überwinden.
Als die Ski jedoch einmal da waren, erkannten auch die Schwarzwälder ihre Nützlichkeit schnell und übernahmen das praktische Fortbewegungsmittel. Schon 1893 wurden zum Beispiel die Postboten mit den neuen Schneeschuhen ausgestattet.
Skispringen
In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich der Wintersport schnell weiter. Der Skisport differenzierte sich in alpinen Stil und Langlauf. Sehr früh entwickelte sich auch das Skispringen als eigenständige Sportart.
Die Adlerschanze in Hinterzarten wurde zum Beispiel schon 1924 errichtet. Der erste Wettbewerb fand dort im Februar 1925 statt.
Die Chronik des Skiclubs berichtet: "Die Anlage der neuen Adlerschanze ist großzügig und gestattet Weitsprünge bis 60 Meter." Seitdem haben die Skiclubs des Schwarzwaldes zahlreiche weltbekannte Skispringer hervorgebracht, unter anderem Dieter Thoma, Martin Schmitt und Sven Hannawald.
Letzterer schaffte es 2002 als erster Springer überhaupt, alle vier Springen der Vierschanzentournee innerhalb eines Jahres zu gewinnen. In der Saison 2017/2018 gelang dem Polen Kamil Stoch dann ebenfalls dieses Kunststück.
Schlittenhunderennen
Die Schwarzwälder bleiben weiterhin offen für neue Sportarten von außen. Seit 1973 gibt es in mehreren Orten im Schwarzwald Schlittenhunderennen. In Todtmoos fand 1994 die erste Weltmeisterschaft in Deutschland statt, die zweite dann 2003, die dritte 2015.
Teams aus aller Welt mit Huskies, Malamutes, Grönlandhunden oder Samojeden im Geschirr waren hier am Start, angespornt von den "Mushern" – den Schlittenführern, die hinten auf den Schlitten stehen, bremsen und anschieben und vor allem den Schlitten ausbalancieren auf der wilden Jagd über die Rennstrecke.
Noch gelten die Schlittenhunde im Schwarzwald als Exoten. Trotzdem sind sie schon jetzt ein fester Bestandteil des Wintersportgeschehens.