Weizensensitivität
Planet Wissen. 10.06.2024. 05:30 Min.. Verfügbar bis 04.12.2028. SWR.
Krankheiten
Unverträglichkeit von Lebensmitteln
Eine Tasse Kaffee mit Milch, dazu Vollkornbrot mit Käse oder Marmelade und ein Ei – ein typisches deutsches Frühstück. Doch es gibt viele Menschen, die genau das nicht vertragen. Ihnen wird übel, sie bekommen Bauchkrämpfe oder Herzrasen.
Von Christiane Tovar
Unverträglichkeit oder Allergie?
Wenn kurz nach dem Essen der Magen wehtut, die Schleimhäute anschwellen oder der Darm rumort, denken viele sofort an eine Allergie. Doch diese Diagnose stimmt nicht immer. Oft ist das Immunsystem nämlich gar nicht für die Beschwerden verantwortlich.
In diesem Fall spricht man von einer Lebensmittel-Unverträglichkeit, beziehungsweise einer Lebensmittel-Intoleranz. Weil die Symptome ähnlich sein können, wird eine Unverträglichkeit oft mit einer Allergie verwechselt. Doch hinter beiden Erkrankungen stecken unterschiedliche Ursachen.
Bei einer Allergie reagiert das Immunsystem auf bestimmte Stoffe, auch Allergene genannt. Sie werden als Eindringlinge erkannt und entsprechend bekämpft.
Häufig haben die Betroffenen auch noch andere Allergie-Symptome wie zum Beispiel Asthma, Neurodermitis, Schnupfen oder eine Bindehautentzündung. Eine winzige Menge reicht, um eine Reaktion auszulösen. Forscher gehen davon aus, dass bei manchen Menschen der fünftausendeste Teil eines Teelöffels ausreicht.
Bei einer Lebensmittel-Unverträglichkeit hingegen ist es möglich, dass bei kleinen Mengen des Nahrungsmittels noch keine Beschwerden auftreten. Im Gegensatz zu Intoleranzen werden Allergien im Laufe des Lebens eher schlimmer und können in Einzelfällen sogar tödlich enden.
Auch eine Lebensmittel-Unverträglichkeit kann tödliche Folgen haben, allerdings ist das eher die Ausnahme.
Intoleranzen sind in der Regel darauf zurückzuführen, dass im Körper ein bestimmtes Enzym entweder komplett fehlt, oder zu wenig davon vorhanden ist. Ein Beispiel dafür ist die Laktose-Intoleranz, von der in Deutschland etwa 15 Prozent der Menschen betroffen sind.
Ihnen fehlt das Enzym Laktase, das den Milchzucker aufspaltet. Da der Milchzucker unverdaut bleibt, wird er nicht vom Organismus aufgenommen, sondern bleibt im Darm.
Die Folgen können unter anderem Blähungen, Durchfall und Krämpfe sein. Wer unter Laktose-Intoleranz leidet, sollte Lebensmittel meiden, die Milchzucker enthalten, wie zum Beispiel Milch, Käse, Joghurt oder Quark.
Milch macht munter? Das gilt leider nicht für jeden
Getreide
Eine weitere Unverträglichkeit ist die Zöliakie. Auslöser ist das Klebereiweiß Gluten, das in den Getreidesorten Weizen, Roggen, Gerste und Hafer vorkommt. Bei den Betroffenen zerstört das Gluten die so genannten Darmzotten. Diese Zotten, die aussehen wie kleine Fangarme, holen die Nährstoffe aus dem Nahrungsbrei. Funktionieren sie nicht mehr, kommt es zu Mangelerscheinungen.
Gegen Zöliakie helfen keine Medikamente. Die Betroffenen müssen Diät halten und die Getreidesorten weglassen, die Gluten enthalten. Das gilt auch für diejenigen, die keine Beschwerden, aber eine nachgewiesene Zöliakie haben.
Es gibt noch weitere Unverträglichkeiten, die auf Störungen des Stoffwechsels beruhen. Dazu gehören unter anderem die Unverträglichkeit von Fruchtzucker (Fructose) und Fett. Diese Intoleranzen sind allerdings selten.
Menschen mit Zöliakie vertragen bestimmte Getreidesorten nicht
Koffein, Histamin und Co
Kaffee und Cola enthalten unter anderem Koffein. Was der eine als anregend empfindet, kann bei dem anderen Kopfschmerzen, Herzrasen oder Schlafstörungen verursachen – selbst wenn es nur in kleinen Mengen konsumiert wird.
Kopfschmerzen können aber durch die Unverträglichkeit von Histamin ausgelöst werden. Dieser Stoff kommt zum Beispiel als Gewebshormon im menschlichen Körper vor und steuert viele Körperfunktionen.
Besonders viel Histamin steckt in eiweißreicher, leicht verderblicher Nahrung wie Fisch. Aber auch Wein, Sauerkraut und Edelpilzkäse enthalten das Hormon. Außerdem gibt es eine Reihe von Lebensmitteln, die Histamin im Körper freisetzen, wie Zitrusfrüchte, Erdbeeren und Tomaten.
Erdbeeren setzen Histamin im Körper frei
Doch nicht nur natürliche Stoffe, auch künstliche Zusätze können Probleme bereiten. Dazu gehören unter anderem die Pestizide, mit denen Obst und Gemüse oft behandelt werden.
In Fleisch und Fisch sind unter Umständen verschiedene Antibiotika enthalten, die Unverträglichkeiten und Allergien auslösen können. Einige Menschen vertragen außerdem keine Konservierungsmittel. Sie bekommen schon von kleinen Mengen Kopfschmerzen oder ihnen wird übel.
Auf der Suche nach den Auslösern
Wenn die Beschwerden immer wieder nach dem Verzehr gewisser Lebensmittel auftreten, ist es wahrscheinlich, dass entweder eine Allergie oder eine Unverträglichkeit vorliegt.
Dann hilft nur eine differenzierte Diagnose. Denn fast alle Symptome einer Nahrungsmittel-Unverträglichkeit können auch bei anderen Erkrankungen vorkommen.
Beim Verdacht auf eine Lebensmittel-Unverträglichkeit kann ein Ernährungstagebuch helfen. Das gibt es auch als App für das Smartphone. So kann man genau dokumentieren, was man zu welcher Uhrzeit gegessen hat und wie der Körper darauf reagiert hat. Dabei ist es wichtig, die Speisen und Getränke möglichst genau aufzulisten.
Bei selbstgekochten Gerichten ist es sinnvoll, alle Zutaten aufzuschreiben, einschließlich der verwendeten Gewürze. Das gilt auch für Fertigprodukte. Mit so einem Protokoll lässt sich meistens sehr schnell herausfinden, welche Inhaltsstoffe Probleme bereiten.
Hilft das nicht weiter, raten Fachleute zu einer so genannten Eliminationsdiät. Das heißt, man isst nur noch bestimmte Lebensmittel und erweitert die Palette nach und nach.
Die Basis bilden dann zum Beispiel Reis, Kartoffeln, Geflügel und ein bestimmtes Gemüse. Verträgt man diese Speisen ohne Probleme, werden immer neue hinzugefügt.
Wer unter einer Lebensmittel-Intoleranz leidet, sollte zunächst auf das entsprechende Nahrungsmittel verzichten. Aber auch der Speiseplan eines Menschen mit einer Lebensmittel-Unverträglichkeit kann abwechslungsreich sein, denn mittlerweile gibt es für viele Intoleranzen gute Alternativprodukte.
Durch einen Bluttest können Allergien entdeckt werden
(Erstveröffentlichung 2005. Letzte Aktualisierung 29.09.2020)
Quelle: WDR