Stark vergrößerte Hausstaubmilbe.

Krankheiten

Allergien

Weltweit nimmt die Zahl der Allergiker zu, vor allem in Industrieländern mit hohem Hygienestandard. Viele Kinder kommen nur noch selten mit Infektionen in Berührung. Dadurch wird das Immunsystem nicht ausreichend trainiert.

Von Hans Jürgen von der Burchard

Allergene

Substanzen, die allergische Reaktionen auslösen, nennt man Allergene. Mehr als 20.000 dieser "reizenden" Stoffe haben Mediziner ausfindig gemacht. Deshalb sind aufwendige Tests nötig, um jene Allergene zu finden, die bei einer Person zu Beschwerden führen.

Ganz oben auf der Liste stehen Blütenpollen, die bei empfindlichen Menschen Heuschnupfen hervorrufen. Diese häufigste Allergieform führt bei den Geplagten zu triefenden Nasen, tränenden und juckenden Augen oder zu Atemnot.

Wird das Leiden nicht rechtzeitig behandelt, kann sich daraus eine chronische Atemwegserkrankung entwickeln. Im Extremfall verursachen Allergene in Nahrungsmitteln und Insektengiften sogar lebensbedrohende Schocks, die den Kreislauf völlig zusammenbrechen lassen.

Allergieauslöser

Von Barbara Garde (WDR)

Allergieauslöser im Alltag: Über 20.000 Allergieauslöser kennt man bisher. Kaum ein Ort in unserem Alltag ist frei von Allergenen.

Nahaufnahme Birkenkätzchen.

Kein schöner Anblick für Allergiker: Jeder vierte von ihnen leidet unter pollenbedingtem Heuschnupfen, ausgelöst durch die fliegenden Samen von Birken, Eichen, Weiden, Erlen, Kastanien und anderen Bäumen.

Kein schöner Anblick für Allergiker: Jeder vierte von ihnen leidet unter pollenbedingtem Heuschnupfen, ausgelöst durch die fliegenden Samen von Birken, Eichen, Weiden, Erlen, Kastanien und anderen Bäumen.

Am häufigsten kommen Allergien von Gräsern – daher stammt auch der Name "Heuschnupfen". Rund 8.000 Gräser-Arten gelten als Allergie-Auslöser, zum Beispiel Getreidesorten wie Roggen oder Weizen.

Sechs Prozent aller Deutschen sind gegen Lebensmittel allergisch: gegen Erdnüsse und Nüsse etwa, gegen Obstsorten, gegen Gemüse, Eier, Milch und vieles mehr. Nahrungsmittelallergien können sogar tödliche Allergieschocks auslösen.

Klein, aber hochgefährlich für Allergiker: Bienen, Hummeln oder Wespen. Zum Glück sind Insektengift-Allergien mit 2,5 Prozent relativ selten.

Auch im Haus drohen Gefahren: Die im Hausstaub lebenden Hausstaubmilben lösen bei rund fünf Prozent aller Allergiker allergische Symptome aus.

Süß, aber für viele Allergiker nicht geeignet: Haustiere wie Katzen, Hunde, Pferde, Kaninchen, aber auch Vögel können über den Speichel oder Haare und Federn Allergene absondern. Kurzhaarrassen lösen oft weniger Beschwerden aus.

Die zweithäufigste Allergieform in Deutschland ist die Kontakt-Allergie. Sehr verbreitet ist die Nickelallergie. Besonders betroffen sind Menschen, die beruflich mit chemischen Stoffen arbeiten, wie Lackierer oder Friseure.

Sie sollen helfen, aber Allergikern können sie schaden: Medikamente wie Antibiotika, Röntgenkontrastmittel, Schmerz- und Rheumamittel, Blutdrucksenker, Anti-Epileptika oder Psychopharmaka können allergische Reaktionen bis zum anaphylaktischen Schock auslösen.

Eine Schimmelpilz-Allergie verbreitet sich oft unbemerkt. Die Schimmelsporen setzen sich auf Nahrungsmitteln ab oder sie werden eingeatmet.

Auch die Liebe ist nicht ungefährlich für Allergiker. Einige Menschen reagieren auf Latex in Kondomen allergisch. Sehr wenige Betroffene sind zudem allergisch gegen Sperma.

Allergische Reaktionen

Die Aufgabe des Immunsystems besteht darin, Fremdstoffe und Krankheitserreger zu erkennen und unschädlich zu machen. Das funktioniert bei Allergikern im Prinzip wie bei allen anderen Menschen.

Doch es gibt einen gravierenden Unterschied. Allergiker fahren ein vergleichsweise riesiges Waffenarsenal auf, um winzige Mengen mikroskopisch kleiner Allergene aus dem Feld zu schlagen. Dieser unangemessene Großeinsatz mobilisiert auch Abwehreinheiten, die durch Entzündungen den eigenen Organismus schädigen.

Beim Heuschnupfen sind Nasen- und Augenschleimhäute betroffen, im Falle einer Nickelallergie bilden sich juckende Ausschläge auf der Haut. Anders als bei üblichen überstandenen Infektionen werden Allergiker gegen ihre Peiniger nicht immun. Nach jedem neuen Kontakt mit einem Allergen treten die Beschwerden wieder auf.

Die meisten Allergene bestehen aus Eiweißstoffen pflanzlicher oder tierischer Herkunft. Aber auch andere Substanzen kommen in Betracht.

Stark vergrößerte Aufnahme von fliegenden Birkenpollen.

Etwa jeder fünfte Deutsche reagiert auf Pollen überempfindlich

Wie entsteht eine Allergie?

Bei den meisten Allergien spielen so genannte Immunglobulin-E-Antikörper (IgE-Antikörper) die Hauptrolle. Bei Gesunden kommen sie nur in verschwindend geringen Mengen im Körper vor. Doch Allergiker produzieren IgE-Antikörper in Massen, um den Organismus vor vermeintlich schädlichen Allergenen zu schützen.

Eine Allergie entsteht in zwei Phasen. In der ersten Phase – der sogenannten Sensibilisierung – kommt die Immunabwehr zum ersten Mal mit Allergenen in Berührung, etwa durch das Einatmen von Pollen. Schon Spuren davon genügen, damit als Abwehrreaktion gegen diese eigentlich harmlosen Fremdstoffe IgE-Antikörper in großer Zahl gebildet werden.

So bereitet sich das Immunsystem auf erneute Attacken mit demselben Allergen vor. In dieser ersten Phase hat der Allergiker in der Regel noch keine Beschwerden.

Die zweite Phase: Ist jemand gegen ein bestimmtes Allergen sensibilisiert, führt jeder weitere Kontakt mit demselben Allergen zu einer allergischen Reaktion. Mastzellen schütten entzündungsfördernde Substanzen wie Histamin aus. Schlagartig weiten sich die Gefäße. Die Schleimhäute schwellen an, die Schleimbildung wird angeregt, und oft treten schwere Atemstörungen auf.

Eine Wespe nascht Erdbeerkonfitüre auf einem Brötchen.

Insektenstiche können allergische Schocks auslösen

Anaphylaktischer Schock

Eine heftige allergische Reaktion, die zu akutem Kreislaufversagen führt, wird als anaphylaktischer Schock bezeichnet. Gelangen Allergene in den Körper – etwa bei einem Insektenstich, mit der Nahrung oder durch die Einnahme von Arzneimitteln –, schütten Mastzellen große Mengen Histamin aus.

Mit dem entzündungsfördernden Stoff wird der gesamte Blutkreislauf regelrecht überflutet. Die Gefäße erweitern sich schlagartig. Dadurch sinkt plötzlich der Blutdruck. Der Kreislauf bricht zusammen. Lebenswichtige Organe wie Herz und Gehirn werden nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt.

Bei einem lebensbedrohenden anaphylaktischen Schock hilft nur eine Notfallbehandlung mit Kreislauf stimulierendem Adrenalin. Das Medikament sorgt für die Verengung der Blutgefäße. Der Blutdruck steigt wieder, der Herzschlag wird beschleunigt und die Atemwege weiten sich. Zusätzlich verabreicht der Arzt Medikamente, die die weitere Freisetzung von Histamin blockieren.

Quelle: SWR | Stand: 18.03.2020, 17:00 Uhr

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