Die Verwandten gehen fast leer aus
Verwandte, Mitarbeiter und Freunde bedachte Alfred Nobel zwar mit insgesamt 1,6 Millionen schwedischen Kronen, doch der Löwenanteil von 31,6 Millionen sollte für die Finanzierung der neu erschaffenen Nobelpreise in einen Fonds sicherer Wertpapiere umgewandelt werden.
Nobel hielt nicht nur in acht europäischen Ländern Beteiligungen an seinen eigenen Dynamit-Unternehmungen, sondern auch an den Ölförder-Unternehmen seiner Brüder in Russland, die an den Aktienmärkten durch die Nachricht unter Druck gerieten.
Familienfehden
Faktisch enterbt, ließen einige Verwandte das Testament unmittelbar nach Bekanntgabe anfechten – Alfred Nobel hatte aus lebenslangem Misstrauen gegenüber Anwälten auf juristische Beratung verzichtet, weshalb formale Mängel das Testament angreifbar machten.
Alfred Nobels Assistent Ragnar Sohlmann, den Nobel als Testamentsvollstrecker eingesetzt hatte, schaffte die in Pariser Banken deponierten Wertpapiere nach Schweden, um eine mögliche Beschlagnahmung zu verhindern. Er erreichte auch, dass sich ein schwedisches Gericht für zuständig erklärte, was ein wichtige Rolle spielte in der Frage der Erbschaftssteuer.
Doch zum Rechtsstreit mit der Familie kam es nicht mehr – Nobels Neffe Emanuel, das Oberhaupt der russischen Linie der Familie Nobel, wollte Alfred Nobels letzten Willen dem Geist und nicht den Buchstaben nach erfüllt sehen und bewog den Rest der Verwandtschaft zu einem Vergleich mit finanziellen Zugeständnissen.
Notwendige Überzeugungsarbeit
Auch was die neu geschaffenen Preise betraf, hatten Ragnar Sohlmann und ein weiterer Testamentsvollstrecker erhebliche Überzeugungsarbeit zu leisten: Der schwedische König Oscar II., der die Stiftungsstatuten genehmigen musste, und Politiker aller Parteien konnten sich zunächst nicht mit Nobels Idee anfreunden.
Nobel sei ein Friedensfanatiker und von Frauen beeinflusst gewesen, hieß es; dass der Preis oder überhaupt das Vermögen nicht Schweden oder wenigstens Skandinaviern vorbehalten sei, sei mangelnder Patriotismus.
Auch die Institutionen, die Alfred Nobel mit der Preisvergabe beauftragt hatte, zögerten zum Teil, die Verantwortung zu übernehmen. Man fürchtete Druck von außen und die Möglichkeit der Bestechung.
Fünf Jahre dauerte die Abwicklung des Testaments, doch dann konnten 1901 die ersten Preise verliehen werden.
(Erstveröffentlichung 2002. Letzte Aktualisierung 06.04.2020)
Quelle: WDR