Das konstruktive Misstrauensvotum sieht vor, dass ein Bundeskanzler nur dann vom Bundestag abgewählt werden kann, wenn gleichzeitig ein neuer Bundeskanzler bestimmt wird. Das steht in Artikel 67 des Grundgesetzes. Für einen Abstimmungserfolg bedarf es der absoluten Mehrheit, also 50 Prozent oder mehr aller Bundestagsmitglieder.
Mit der Verankerung des konstruktiven Misstrauensvotums im Grundgesetz wollte der Parlamentarische Rat politisch instabile Verhältnisse wie zur Zeit der Weimarer Republik verhindern. Laut der Weimarer Verfassung von 1919 konnte der Reichstag dem Kanzler und sogar dessen Ministern das Misstrauen aussprechen, ohne einen Nachfolger zu wählen.
Antidemokratische Kräfte wie Deutschnationale und Kommunisten setzten deswegen den Misstrauensantrag oft als bloßes politisches Störmanöver ein: Sie stürzten bestehende Regierungen, ohne eine neue zu wählen, und machten die Republik damit politisch handlungsunfähig.
In der Geschichte der Bundesrepublik gab es bislang zwei konstruktive Misstrauensvoten. 1972 versuchte der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Rainer Barzel, Kanzler Willy Brandt abzulösen, scheiterte aber knapp.
1982 verließ die FDP die Koalition mit Kanzler Schmidts SPD und ging ein Bündnis mit CDU/CSU ein. Gemeinsam wählten sie Helmut Kohl zu Schmidts Nachfolger.
(Erstveröffentlichung 2006. Letzte Aktualisierung 02.04.2020)
Quelle: WDR