Zunächst für die Götter verwendet
Viele Könige und Fürsten in Geschichtsbüchern tragen so genannte Beinamen, unter denen sie zu Lebzeiten oder später bekannt waren. Einige davon beschreiben körperliche Eigenschaften – August der Starke etwa soll tatsächlich kräftig gewesen sein und Philipp der Schöne von Frankreich sah wohl sehr gut aus –, doch bei dem sprachlichen Zusatz "der Große" war das nicht der Fall.
Der Beiname "der Große" wurde zunächst für Götter verwendet, um besonderen Respekt auszudrücken. Bei den Griechen zum Beispiel galt der Göttervater Zeus als "großer König der Götter".
Dabei ist zu unterscheiden zwischen Beinamen, die spätere Geschichtswissenschaftler den Herrschern geben, und den Bezeichnungen des Rangs einer Person, mit denen sich die Herrscher schon zu Lebzeiten ansprechen lassen.
Alexander der Große ist bis heute eine Legende
Große Eroberungen und großer Einfluss
Etwa ein halbes Jahrhundert vor Christi Geburt lässt sich der römische Feldherr Pompeius schon zu Lebzeiten "Pompeius Magnus" ("Pompeius der Große") nennen. Er frisiert sich auch so wie Alexander der Große. Damit will er sich offenbar mit Alexander vergleichen, der von den Römern sehr verehrt wird.
In der Folge wird der Name zur charakterisierenden Beschreibung – aber auf wen trifft sie zu? Bestimmt 50 Personen wurden im Laufe der vergangenen Jahrtausende als "Große" bezeichnet, doch bei manchen überlebt der Beiname nicht einmal deren Herrschaftszeit.
Der Schweizer Geschichtsforscher Jacob Burckhardt beschreibt die Kriterien für anhaltende Größe so: Geschichtlich gesehen große Männer "haben einen hohen Wert für die Welt und für ihre Nationen insbesondere; (…) sie halten einen hohen Maßstab der Dinge aufrecht." Ein weiteres Kriterium ist für Burckhardt, dass diese Persönlichkeiten die Fähigkeit hatten, ihre Untertanen für sich zu begeistern.
Der Beiname bezeichnet also Herrscher, die über große Reiche regierten und diese vergrößerten, aber auch über politische Weitsicht verfügten und die einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben.
Burckhardt erstellt auch eine Liste dieser "großen Individuen": "Weit das größte Beispiel ist Alexander der Große; dann dürften Karl der Große, Peter der Große, Friedrich der Große folgen." Als einzige Frau steht Zarin Katharina II. von Russland auf der Liste – Katharina die Große.
Zarin Katharina die Große von Russland (1729-1796)
(Erstveröffentlichung 2024. Letzte Aktualisierung 02.07.2024)
FACHBERATUNG
Dr. Björn Onken
Akademischer Rat, Lehrstuhl Didaktik der Geschichte, Universität Duisburg-Essen
UNSERE QUELLEN
- Theodor Schieder: "Über den Beinamen 'der Große'. Reflexionen über historische Größe". VS Verlag für Wissenschaften, 1984
- Wolfgang Eric Wagner: "Herrscherbeinamen in der mittelalterlichen Geschichtsschreibung", in: Namenkundliche Informationen 103/104, Leipziger Universitätsverlag 2014
- Trierer Volksfreund: "Kahl, groß, unartig: Wieso Herrscher ihre Beinamen hatten". Veröffentlicht 2014, abgerufen am 14.3.2024
Quelle: WDR